»» Wann, wie und wo sollte man zitieren?
»Meiner bescheidenen Meinung nach, kann jeder nach seiner Façon selig zitieren - ich glaube nicht, daß man da allgemeingültige Regeln aufstellen kann.
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»Ich empfinde es jedoch häufig deplaziert bis belächelnswert, wenn einfach nur um des Zitieren willens zitiert wird - ich denke da mit Grausen an Formulierungen "wie der große Dichterfürst Goethe schon sagte", die unweigerlich in etlichen Ansprachen (von der Geburtstagsrede zu Onkels Siebzigsten bis zur Laudatio eines mediokren Kulturschaffenden) auftauchen müssen. Und auch manch Politiker hat fleißige Hilfskräfte, die durch Garnieren mit klugen Zitaten dessen Reden noch weniger sagend machen.
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»Andererseits gibt es genügend Anlässe, ob offiziell und öffentlich, oder informell und privat, wo ein Zitat, ein Sprichwort oder ein geflügeltes Wort den Nagel auf den Kopf trifft. Wenn jemand einen Sachverhalt so treffend formuliert hat, daß ich es weit weniger präzise ausdrücken kann, so scheue ich nicht, mich seiner Formulierung zu bedienen.
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»In anderen Fällen wirkt ein Zitat erheiternd, parodisierend oder gar ironisierend - meistens dann, wenn das Zitat und sein Kontext allgemein bekannt sind. Wenn beispielsweise Person A sich über eine Schwäche von Person B ausläßt, obwohl A selber nicht frei vom gleichen Makel ist, so könnte ich schulmeisterlich-betroffen zu A sagen: "Also hör mal, ich finde das echt nicht ok, was du da über B sagst, denn du mußt auch mal selber über dich nachdenken ..." etc. pp. Treffender und wirksamer ist es jedoch, wenn ich in solchen Fällen den Anfang des allseits bekannten Sprichworts zitiere: "Wer im Glashaus sitzt ...".
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»Manchmal zitiert man auch einfach nur, um die Atmosphäre etwas aufzulockern. So habe ich gelegentlich am Ende einer längeren mathematischen Beweisführung, die in einem Beweis durch Widerspruch endete, meine Ausführungen mit Morgensterns "weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf" beendet.
Was G. Krauss zu dem Thema sagt, trifft meine Auffassung verblüffend genau. Aber es ist damit noch nicht ausgereizt. Ein interessanter neuer Aspekt zu dem Thema "wie zitieren?" sind die sog. Spätzünderzitate, deren verblüffende Pointe die Aufmerksamkeit der Adressaten sichert, weil sie einige Sekunden benötigen, um zu kapieren, was gemeint ist. Beispiele:
der alte Cato: "Freuet euch, dass ich zornig bin."
La Rochefoucauld: "Die Tugend ist die Schwester der Krankheit."
11.10.2006, 12:29 Uhr
- Ekkehart Mittelberg
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