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Baron von Münchhausen erzählt: Alles besiegt die Liebe

Ich schwebte auf meiner bunten Kugel zur pietistischen Teestunde der Susanne von Klettenberg.
Gerade hatten die Erleuchteten mit geschlossenen Augen der Mystik von Meister Eckhard gelauscht und rührten nun erwartungsvoll mit ihren silbernen Löffelchen in den hochwohlgeblasenen Teegläsern von Murano. Da öffnete sich leise eine bisher geheim gebliebene Tapetentür. Es tänzelte mit ihren leichten Balettschuhen die Venus von Milo hinein.
Sofort legte sich ein zates Rosa auf die bleichen Gesichter der Damen und die wettergegerbten Herren zwirbelten verlegen ihre Schnurbärte.
Das Wunder ließ auch nicht lange auf sich warten. Die Venus verwandelte den Kamillentee in feurigen Tokajer und Herr von Klettenberg erhitzte die Gemüter mit der Arie: "Ach, ich hab sie ja nur auf die Schulter geküsst."
Selbst Hochwürden verließ die contenance, indem er das Liebblingslied seiner Studentenzeit anstimmte: "Auch ich war einst ein schöner Czardaskavalier...."
Das Ganze wäre in ein Bacchanal ausgeartet, wenn ich nicht mit tapferem Soldatenherzen die Venus scharf ins Auge gefasst hätte. Also ich holte tief Luft, ließ meinen dröhnenden Bass erschallen und sang aus voller Brust: "Üb immer Treu und Redlichkeit...."
Zum ersten Mal seit Jahrtausenden musste sich die Venus geschlagen geben.
Sie streifte mich mit einem versonnenen Silberblick, als ich den Aphorismus zitierte:
"Alles besiegt die Liebe, aber einen preußischen Soldaten nicht."

Ekkehart Mittelberg
14.03.2007, 11:59 Uhr - Ekkehart Mittelberg

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